Nachdem wir Anfang Oktober den Gunung Rinjani mit 3726 m bestiegen hatten und total erschöpft am Strand von Gili Meno lagen und unsere schmerzenden Beine ins kristallklare Wasser streckten, sagte ich zu Dominik: „Dieses Jahr gehe ich definitiv nicht mehr in die Berge“. Dominik grinste nur.

Einen Tag später wusste ich dann auch warum: Zu meinem Geburtstag schenkte mir Dominik eine geführte Bergtour mit der Bergschule Kleinwalsertal über den Hindelanger Klettersteig: Einer der längsten und schönsten Klettersteige der Allgäuer Alpen.

Gleich eine Woche nach unserem Urlaub in Indonesien, gings mit ein paar Freunden nach Oberstdorf bei herbstlichem Traumwetter. Ob sich die Tour gelohnt hat und wie wir sie erlebt haben, lest ihr hier in unserem Beitrag.

 

Was ist überhaupt ein Klettersteig?

Bei einem Klettersteig handelt es sich um eine künstliche Steiganlage im Fels, die mit Eisenleitern, Drahtseilen, Eisenstiften und Trittstufen gesichert ist. Die eingebrachten Elemente dienen dabei zum einen zur Fortbewegung und Überquerung von Felsabschnitten und exponierten Stellen, zum anderen zur Selbstsicherung mit einem Klettergurt und einem Klettersteigset. Es ist quasi eine Mischung zwischen Wandern und Klettern, nur das man keinen zusätzlichen Seilpartner zum Absichern braucht.

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Ausrüstung und Anforderungen für die Bewältigung eines Klettersteigs

Wenn ihr zum ersten Mal einen Klettersteig bewältigen wollt, empfehlen wir Euch auf jeden Fall dies mit einem Bergführer durchzuführen. Erstens ist er sehr erfahren und kann alpine Gefahren und Wetterumschwünge viel besser beurteilen und Zweitens erlernt ihr somit die richtige Sicherungstechnik. Denn diese und die richtige Ausrüstung sind das A und O. Ein Klettersteig sollte keines Falls unterschätzt werden, da er sich in hochalpinem Gelände befindet und im schlimmsten Fall zum Absturz oder Steinschlag führen kann. Und was das bedeutet, wisst ihr bestimmt selbst.

Ihr müsst Ausdauer, Schwindelfreiheit und absolute Trittsicherheit mitbringen.

Ausrüstung:

  • Helm
  • Klettergurt
  • Klettersteigset
  • Bergschuhe
  • Verpflegung
  • Handschuhe

 

Der Hindelanger Klettersteig: Alle wichtigen Infos im Überblick

  • Der Hindelanger Klettersteig ist einer der schönsten und längsten Klettersteige der Allgäuer Alpen
  • Schwierigkeit: Gilt aufgrund seiner Länge als anspruchsvoll, sonst mäßig schwierig, keine enormen Herausforderungen
  • Länge: 5 km lange Gratüberschreitung mit einigen ungesicherten Passagen
  • Dauer: zwischen 4 und 5,5 Stunden (je nach Erfahrung und Kondition)
  • Höhenmeter: 338m (gering)
  • Es stehen 100 Meter Leitern und viele 100 Meter Drahtseil zur Verfügung
  • Drei Notabstiege vorhanden
  • Startpunkt: Nebelhornbahn Gipfelstation (Oberstdorf)
  • Rückweg: per Wanderweg übers Koblat zurück zur Bergstation
  • Begehbar: von Juni – Oktober

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Unser Erfahrungsbericht

Mit riesiger Vorfreude auf den bevorstehenden Klettersteig fuhren wir früh morgens Richtung Oberstdorf zur Fellhornbahn. Das Wetter sollte bombastisch werden.

Nachdem wir die Tickets für die Berg- und Talfahrt (Kosten: 27€ pro Person) gekauft hatten, bekamen wir von unserem Bergführer die Ausrüstung für den heutigen Tag ausgehändigt. Mit der ersten Bergfahrt um 8.30 Uhr gings anschließend zur Gipfelstation. Zunächst bekamen wir Infos über die Sicherungstechnik bei einem Klettersteig. Nachdem jeder seine Ausrüstung angelegt hatte und es keine Fragen mehr gab, machten wir uns auf den Weg zum Einstieg.

Zu Beginn gab es einige kleine Kletterstellen, bis wir zum eigentlichen Einstieg kamen: einer in etwa 10 Meter hohen Leiter. Die Leiter führt auf den Grat des westlichen Wengenkopfes. Der Blick von oben war heute gigantisch. Wir hatten einen Rundblick der sich von der Zugspitze bis zu den Schweizer Alpen erstreckte.

Nachdem die erste Hürde überwunden war, ging es auf dem Grat entlang über die ersten zum Teil ausgesetzten Kletterpassagen. Immer wieder mussten wir uns ein- und wieder aushaken. Wir waren jetzt schon ziemlich froh, dass wir Handschuhe dabei hatten. Die Wanderung über den felsigen Kamm erforderte auf jeden Fall sehr viel Konzentration, vor allem bei den zum Teil ungesicherten Stellen.

Das anfängliche Bedenken nicht zu wissen, wie man selbst bei schwierigen Passagen reagiert, ob man zum Beispiel Angst bekommt und nicht mehr weiter kann, konnten wir zum Glück schnell über Bord werfen. Es machte unglaublich viel Spaß und mit der Zeit wurden wir immer sicherer, waren aber dennoch hochkonzentriert. In der Weltgeschichte umherschauen und über einen Grat wandern ist auf jeden Fall keine gute Idee. Über Stahlseilsicherungen, Leitern, exponierte Gratpassagen und Felsscharten ging es immer wieder bergauf und bergab in Richtung des östlichen Wengenkopfes. Hier gab es nun auch die erste Ausstiegsmöglichkeit. Aufgrund des bomben Wetters war allerdings am Anfang ziemlich viel los und man musste zum Teil einen Augenblick an den Sicherungsstellen warten. Doch je weiter wir unserem Ziel kamen, desto weniger wurde es. 

Unsere Beine und Arme machten sich nun so langsam ein wenig bemerkbar. Das runterklettern, hochziehen & festhalten ist nicht zu verachten und kostet Kraft. So kam es dann auch, dass ich mich kurzzeitig einmal nicht richtig konzentrierte und schwups an einer gesicherten Kletterpassage mit dem Fuß abrutschte und mit dem Knie gegen den Felsen prallte. Aber ein Indianer kennt ja bekannter Weise keinen Schmerz. Kondition und Kraft ist für diesen Klettersteig auf jeden Fall nötig, denn ohne Kondition lässt auch automatisch die Konzentration nach.

Nachdem wir den letzten großen Anstieg über eine luftige Felsformation mit einigen schwierigeren Kletterpassagen vom niedrigsten Punkt unterhalb des östlichen Wengenkopfes bewältigt hatten, kamen wir nach ca. 3 Stunden am Ziel unterhalb des großen Daumens an. Außer ein paar kleinen Schrammen am Knie sind wir heil angekommen.

Das schönste an einer Bergtour ist für uns immer dann, wenn wir am Ziel bzw. Gipfel angekommen sind und bei einer leckeren Brotzeit den Ausblick genießen können. Das ist einfach ein Traum und ein unbeschreiblich schönes Gefühl! Nach der leckeren Brotzeit, machten wir uns auf den Rückweg. Dieser führt hinab zum Laufbichelsee und zweigt rechts ab und führt unterhalb des Kamms übers Koblat zur Station Höfatsblick.

Insgesamt haben wir ein bisschen mehr wie 4 Stunden für den Hin- und Rückweg gebraucht. Da wir eine Gruppe von geübten Bergsteigern und Sportlern waren, haben wir den Klettersteig ziemlich zügig bewältigt. Laut unserem Bergführer die schnellste Truppe, die er je hatte 😉

 

Fazit der Tour

  • Tolle Aussichtsreiche Tour mit wunderschönem Rundumblick
  • Sehr beliebte Tour, deswegen viel Betrieb
  • Sehr gute körperliche Fitness und Ausdauer notwendig
  • Wir fanden die Kletterpassagen nicht sehr schwierig und hatten keinerlei Angst
  • Man muss trotzdem immer hochkonzentriert sein
  • Die Tour hat sich definitiv gelohnt und war eine tolle Erfahrung, die wir gerne wiederholen möchten
  • Wer den ganzen Klettersteig bewältigen will, sollte breits früh morgens mit der ersten Bergfahrt beginnen.
  • Die letzte Bahn (Station Höfatsblick) fährt gegen 16:50 Uhr ins Tal.
  • Solltet ihr noch nie einen Klettersteig gemacht haben: Empfehlen wir euch auf jeden Fall vorher einen Kurs zu machen!

 

 

Auch Udo von den Waldhelden war mit der Bergschule Kleinwalsertal in einem Klettersteig unterwegs. Wie es ihm gefallen hat, könnt ihr hier erfahren.

 

Wäre das auch was für Euren nächsten Besuch in den Bergen?

 

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Ein Kommentar

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